Samstag, 21. März 2009

Zeitreise in Rostock

Nach der Berufschule (meine Nerven waren am Ende durch den ganzen Blödsinn da) saß ich neulich in der S-Bahn einem alten Herrn gegenüber, der es sich wohl in seinen letzten Tagen zur Aufgabe gemacht hat, seinen Mitmenschen von "damals" zu erzählen. Aber anstatt zu flüchten, wie es sonst meine Reaktion gewesen wäre, blieb ich sitzen und wollte nachher gar nicht mehr aussteigen...
Das liegt vermutlich daran, dass er nicht wie andere Oppas von irgendwelchen Schützengraben an irgendwelchen Fronten erzählt hat. Nach vielen vielen Jahren besucht er mal wieder seine Heimatstadt Rostock. Und hier hat sich scheinbar eine Menge verändert. "KTC...", sagt er, "...was ist denn KTC? Genau wie KTV, weißt was das heißt?" Natürlich wusste ich es, wohne ja schließlich in besagter KTV, aber ich ließ ihn einfach reden. "Kröpeliner Tor Vorstadt heißt das. Und jetzt noch dieses KTC..." Früher stand da wohl mal irgendeine Schnapsbrennerei, an die er sich nur allzu gut erinnern konnte. Überhaupt hat sich diese Stadt so sehr seit damals verändert, dass er sich nur noch an sehr wenige Plätze und Orte in Rostock erinnern kann. Straßen wie die August-Bebel-Straße wurden umbenannt (früher heiß sie wohl Friedrich-Franz-Straße), in der es mal ein Gasthaus gab, in dem er und seine Freunde immer feierten. Aber sie mussten immer einen Grund zum Feiern haben, ansonsten durften sie halt nicht feiern. Also haben sie sich immer Geburtstage, Verlobungen und andere Feste ausgedacht, nur um feiern zu dürfen. "Wir haben den Betreibern dieses Gasthauses immer gesagt, sie sollen ein Hotel daraus machen... Und heute steht dort tatsächlich eins... Verrückt" An diesem Hotel ("Greifennest") gehe ich jeden Tag vorbei, ist mir aber nie wirklich aufgefallen. Jetzt umso mehr.
Und dann musste ich leider aussteigen. Schade. Hätte ich nicht noch Termine gehabt, wär ich glaub ich einfach mit diesem netten älteren Herrn weiter gefahren. So eine kleine Zeitreise (im wahrsten Sinne des Wortes) hat echt Spaß gemacht. Also wünschte ich ihm noch einen schönen Tag und als ich aussteig sah ich, wie er sich einer anderen Person zuwandte und anfing zu reden.

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